Herausforderungen und Chancen bei der Einführung plurilingualer Ansätze in Kontexten, in denen alte und neue Formen der Mehrsprachigkeit aufeinandertreffen.
Der Flyer und die Namen der Teilnehmerinnen hier (DEU)
Der Flyer und die Namen der Teilnehmerinnen hier (LAD)
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Förderung der sprachlichen Vielfalt zu einem der Hauptziele des Bildungswesens entwickelt. Es hat erkannt, welch große Bedeutung der Zusammenhalt und die soziale Integration – auch über die Arbeitswelt hinaus – für die künftige Gesellschaft haben. Seit langem fördern nationale und europäische Institutionen einen Mehrsprachigkeitsansatz, der alle in einem Klassenraum vorhandenen Sprachen wertschätzt und sich nicht mehr nur auf Unterrichts- und Amtssprachen beschränkt: Dies gilt als besserer Ansatz, um die Schülerinnen und Schülern mit dem Rüstzeug auszustatten, das es ihnen ermöglicht, sich in einer Gesellschaft zurechtzufinden, deren Mitglieder sich frei zwischen unterschiedlichen Sprachen und verschiedenen Erfahrungen bewegen.
Im immer schon mehrsprachigen Südtirol hat sich die soziolinguistische Landschaft seit Anfang der 1990er Jahre verändert – langsam, aber stetig. Zwischen 2013 und 2018 haben sich mehr als 2400 Schülerinnen und Schüler im Alter von 8 bis 19 Jahren an der ersten Phase des Projekts „Sprachenvielfalt macht Schule“ beteiligt. 34 Prozent von ihnen gaben an, neben Deutsch, Italienisch, Englisch und Südtiroler Dialekt noch eine weitere Sprache zu beherrschen. Auch die sprachliche Vielfalt des Lehrpersonals reicht über die lokale Dreisprachigkeit hinaus – das zeigt eine Studie, die Eurac Research im Jahr 2022 veröffentlicht hat.
Die Daten geben einen Überblick darüber, dass das Südtiroler Bildungswesen in den letzten dreißig Jahren deutlich mehrsprachiger geworden ist. Zur alten Mehrsprachigkeit mit Italienisch, Deutsch und Ladinisch hat sich eine neue gesellt, die sehr viel umfassender ist und Südtirol vor neue Herausforderungen stellt – ähnlich, wie das in anderen mehrsprachlichen Kontexten auf nationaler wie europäischer Ebene bereits passiert ist. Albanisch, Farsi, Punjabi, Russisch, Sardisch usw. sind bereits in Südtirols Klassenzimmern angekommen und – gemeinsam mit den offiziellen Sprachen – präsent. Trotz der bewährten und beständigen Erfahrung im Umgang mit der historischen Zwei-, im Fall der ladinischen Gebiete sogar Dreisprachigkeit, steht das seit 1971 geltende Schulsystem vor neuen Herausforderungen – zum Beispiel, wie die neue Mehrsprachigkeit in den Unterricht eingebunden und wertgeschätzt werden kann, ohne die alte zu vernachlässigen.
Das Projekt „A lezione con più lingue/ A scora cun de plü lingac/ Sprachenvielfalt macht Schule“ (SMS 2.0) wurde vom Institut für Angewandte Sprachforschung von Eurac Research initiiert und war das erste, das gestartet wurde, um die Mehrsprachigkeit an Südtiroler Schulen zu erforschen. Ausgangspunkt für SMS 2.0 war das immer stärker werdende Bedürfnis des Schulpersonals, mit der neuen und komplexen Mehrsprachigkeit umzugehen – die nicht mehr nur die drei offiziellen, sondern auch viele andere Sprachen, Varietäten und Dialekte umfasst. Das Hauptziel des Projektes ist, die sprachliche Heterogenität im Klassenzimmer zu erkennen, wertzuschätzen und zu fördern. Auf dieser Grundlage haben die Forschungsgruppe und die Schulwelt von Anfang an einen Austausch initiiert, in den im Lauf der Jahre sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Lehrkräfte und Vertreterinnen und Vertreter des lokalen Bildungswesens eingebunden wurden.
Der Runde Tisch wird im Rahmen der Abschlusstagung von SMS 2.0 organisiert. Die Teilnehmenden sind in den beiden Handlungsfeldern des Projektes tätig: Forschung und Schulpraxis. In den Klassenzimmern ist die neue Mehrsprachigkeit mittlerweile Realität geworden. Der Runde Tisch lädt zu einer kritischen Diskussion ein, die sowohl Herausforderungen als auch Chancen aufzeigen soll, die sich durch den Einsatz eines mehrsprachigen Ansatzes für die tägliche Arbeit in der Schule ergeben. Im Übrigen macht das komplexe und vielfältige Sprachenpanorama an den Südtiroler Schulen diese zu einem Forschungsfeld, das in Europa einzigartig ist. Um einen möglichst vollständigen Überblick zu bekommen, beteiligen sich an der Diskussion Mitglieder der deutschen, italienischen und ladinischen Sprachgruppe.
Informationen:
Runder Tisch
5. Dezember 2023, 16:30 bis 17:30 Uhr
Eurac Research, Drususallee 1, Bozen
Die Teilnahme am Runden Tisch ist kostenlos, eine Anmeldung nicht nötig.
Die Veranstaltung findet auf Deutsch und Italienisch statt und wird nicht simultan übersetzt